Joachim Prölß ist Personalvorstand und Direktor für Patienten- Pflegemanagement im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Der vielfach für seine insbesondere „beschäftigtenorientierte Personalpolitik“ ausgezeichnete 58jährige leitet den Vorstandsbereich seit 2010. Das Klinikum umfasst in 14 Zentren mehr als 80 Kliniken, Polikliniken und Institute. Mit über 1.800 Betten und fast 100.000 stationären sowie über 370.000 ambulanten Patienten ist es eines der größten Krankenhäuser in Hamburg. LOHMANNblog traf Joachim Prölß zum Interview.
Herr Prölß – kurz gefragt: Wie geht es Ihnen nach über 16 Monaten Corona-Pandemie?
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Lohmannmedia.tvUnsere 13.500 Beschäftigten sind seit Monaten im „Covid-Fieber-Modus“ – und natürlich sehen wir an vielen Stellen eine Art Übersäuerung: Es gibt kaum Erholungsphasen, kein Auftanken durch etwa Urlaub, Hobbies, Freunde treffen. Das ist – wenn Sie so wollen – schon ein Stück „Arbeiten wie in einer Mühle“. In den letzten Wochen hat sich die Situation nun Gott sei Dank etwas entspannt, aber wir müssen weiter sehr aufmerksam und wachsam sein.
Nun gilt es die Krise auch ökonomisch zu meistern.

Was sind die kommenden Herausforderungen?
Nun gilt es das aufzuholen, was weniger gemacht wurde – die Krise also auch ökonomisch zu meistern. Wir hoffen zwar auf eine kleine Erholungsphase; der ökonomische Druck ist jedoch nicht übersehbar. Umso mehr liegt es nun an den einzelnen Häusern, Gesundheitsmanagementprogramme präventiv ausrichten, eine verlässliche Dienstplanung einzuführen, ein gutes Personaltableau, Programme zur Stress- und Trauma-Prävention, Sicherheitsnetze zur Psychosozialen Belastung vorzuhalten und – ganz weit vorn – das Geleistete auch anzuerkennen!
Was hat sich Ihrer Beobachtung nach in der Zeit der Pandemie verändert?
Wie sehen ganz klar eine andere Form der Zusammenarbeit. Die berufsgruppenübergreifende Arbeit hat sich sehr positiv entwickelt. Das äußert sich beispielsweise in einem sehr respektvollen und auch wertschätzenden Umgang zwischen den Ärzt:innen und Pflegenden – auch ein gegenseitiges Anerkennen der unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkte. Wir haben darüber hinaus Momente der Ruhe eingeführt, eine Weihnachtsdankeschön-Aktion und viele kleine Aufmerksamkeiten „zwischendurch“. Und unsere Führungskräfte sind „so nah wie möglich beim Personal“.
Das Thema Pflege erfährt eine Einzigartigkeit.
Jeder spricht vom Personalmangel in der Pflege. Was ist aus Ihrer Sicht zu tun und was nicht?
Ja, ganz klar. Wir brauchen verstärkt Personal in der Pflege und bauen es im UKE auch auf. Die Zahl der Bewerbungen für die Ausbildungsplätze haben deutlich zugenommen, wir gehen davon aus, dass es hier einen Corona-Effekt gibt. Die Arbeit der Pflegenden wird in der Öffentlichkeit inzwischen verändert mit sehr vielen positiven Attributen dargestellt und auch so wahrgenommen. Das Thema Pflege erfährt eine Einzigartigkeit. Wir investieren in zahlreiche Maßnahmen und Projekte zur Verbesserung der Arbeitszufriedenheit. Mitarbeitergewinnung ist wichtig, aber das Hauptaugenmerk müssen wir auf die Bindung der Beschäftigten richten. Personalmarketing nach außen, muss sich immer aus einer hohen Mitarbeiterzufriedenheit in der Klinik entwickeln. Wir haben im UKE drei wichtige Aktionsfelder identifiziert: Führung und Karriere (Personalentwicklung und Laufbahnplanung), Gesundheit (gesundheitserhaltendes Arbeitsumfeld und Verhaltensprävention), Vereinbarkeit Beruf, Familie und Freizeit, wobei wir den Begriff „Familie“ natürlich sehr weit fassen. Für unsere Personalpolitik verwenden wir hierfür im UKE gerne die Umschreibung: „Wahre Schönheit kommt von innen“. Hinter den Aktionsfeldern verbergen sich umfassende Themen und Maßnahme, der Einzelnennung und Beschreibung hier den Rahmen sprengen würde. Wichtig dabei ist eine gute Kommunikation auch nach innen und immer wieder die Prüfung, ob wir an den richtigen Bausteinen arbeiten. Hierzu gehört beispielsweise auch eine jährliche Mitarbeiterbefragung, die wir UKE PULS nennen: wir wollen ganz nah am Puls der Beschäftigten sein. Darüber hinaus sollten demotivierende Faktoren von den Mitarbeitern fern gehalten werden. Da ist dann beispielsweise das Thema „Dienstplanung“ immer wieder ganz vorn dabei.
Aus dieser Stärkung der Mitarbeiterzufriedenheit darf und muss man dann auch nach außen agieren. Für das Personalmarketing für die Pflegeberufe haben wir mit der UKE „jukebox“ ein Matchingtool für potenzielle neue Mitarbeiter entwickelt. Die Idee: Alle 100 Pflegeteams stellen online ihr Arbeitsumfeld vor. Bewerber erhalten einen Einblick in den Berufsalltag, können spielerisch ihr Pflegeprofil abgleichen und so den auf ihre Wünsche und Vorlieben zugeschnittenen Job finden. Der Kreativität der Teamseiten sind hier (fast) keine Grenzen gesetzt. Es wird zum einen unsere Vielfalt betont und zum anderen aber auch eine Art „Homebase-Gefühl“ für die Teammitglieder vermittelt. Der Nutzer kann durch die unterschiedlichsten Bereiche „stöbern“, entdeckt die Riesen-Vielfalt in der Versorgungslandschaft und die Größe des UKE. Das ist das eine. Aber zugleich sind die Beschäftigten mit „ihrem“ Team, mit „ihrer“ „Homebase“ verankert.
Wie muss wie wird sich die Pflege künftig verändern?
In der sogenannten Arbeitswelt 5.0 müssen wir natürlich die Agilität weiter fördern: ein Mix neuer Ideen und stückweit die alte Welt der sozialen Interaktion. Dazu gehören moderne Arbeitszeitmodelle, Gleitzeit in der Pflege und die Stärkung der Selbstorganisation. Das muss im Vordergrund stehen. Die Digitalisierung kann und wird uns dabei helfen, wenn es etwa um Kommunikationsfragen geht, um Entlastung von administrativen Aufgaben bis hin zum Einsatz von Robotern beispielsweise bei der Bereitstellung von Medikamenten. Mit unserer „Closed Loop Medication“ haben wir im UKE zum Beispiel schon heute die Medikamentenversorgung teilautomatisiert. Das schafft eine höhere Patientensicherheit und eine maximale Entlastung. Wir sehen dabei auch: Unsere Berufsgruppe ist offen für die Digitalisierung und bekommt so wieder mehr Zeit für die Interaktion mit dem Patienten!
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