Podcast DIALOG GESUNDHEIT: Folge 8 Digitalisierung. Gast: Prof. Dr. Roland Trill, Medical School Hamburg, Studiengangkoordinator der Studiengänge Digital Health Management und Medizintechnik. Mit der Folge 8 des Podcasts setzen wir die kleine Serie zur Digitalisierung fort. Dieser Teil 2 widmet sich der Digitalisierung aus Sicht der Wissenschaft. Zum Teil 1 >>

Und sie bewegt sich doch… – die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens! Nach jahrelangem Stillstand, politischem Desinteresse und blockierender Standespolitik entstehen in kürzester Zeit Bausteine eines digitalen Gesundheitswesens. Das Krankenhauszukunftsgesetz ist eine Initialzündung für die Entwicklung der Krankenhausinformationssysteme auf internationalem Standard. EPA, DiGA, Videosprechstunde und eRezept sind zukunftsfähige eHealth-Anwendungen. Alle diese Anwendungen könnten Bausteine einer umfassenden eHealth-Strategie sein …, die es leider immer noch nicht in Deutschland gibt. Damit fehlt die Verbindung, die rote Linie in der Entwicklung. Und um ganz ehrlich zu sein: Wäre die Politik diesen Weg der letzten zwei Jahre auch ohne die Pandemie gegangen? Wohl kaum!

Prof. Dr. Roland Trill, Medical School Hamburg

Nun sind die Bedingungen aber günstig. Die Politik treibt mit immer neuen Digitalisierungsgesetzes und –Verordnungen, die Professionals haben eine steigende Akzeptanz für digitale Services entwickelt, wie zum Beispiel die Nutzerzahlen der Videosprechstunde gelegen. Die Industrie hat innovative Angebote (insbesondere Start-Ups imponieren) bzw. arbeitet an neuen Lösungen. Künstliche Intelligenz, auch wenn der Begriff gegenwärtig überstrapaziert wird, ist in aller Munde. Entscheidungsunterstützungssysteme für Mediziner sind im Markt und werden die Arbeit der Mediziner zukünftig unterstützen.

Erfreulich, und lange gefordert, ist der Rollenwechsel des Patienten (Kunden) hin zu einem aktiven, selbstverantwortlichen Partner im Gesundheitswesen. Begriffe wie „digitale Gesundheitskompetenz“, „Patient Empowerment“ machen die Runde. Bisher sind das aber leider nur Worthülsen. Wie sollen Anwendungen wie die ePA (sowieso mit einem Konstruktionsfehler behaftet), die DiGA usw. erfolgreich eingeführt werden, wenn der Patient nicht die Befähigung zum Nutzen hat? Es wurde schlichtweg vergessen, die Nutzerkomponente bei der Einführung der digitalen Angebote mitzudenken. Erste Forschungsprojekte versuchen nun Licht ins Dunkel zu bringen. Krankenkassen sind beim Training der Patienten (Mengenproblem) ebenso überfordert wie die Professionals (Zeitproblem). Wäre eventuell ein Bottom-Up- Ansatz vielversprechender?

Hamburger Abendblatt, 29.09.1968

Seit wenigstens 10 Jahren fordert der Autor eine Beschleunigung der Digitalisierung. Jetzt muss er aber auch mal auf die Bremse treten. Von Ärzten parallel zur Impfhektik zu verlangen, auch digitale Dienstleistungen anzubieten, heißt viele zu überfordern. Und Überforderung kann zu Widerstand führen, den wir wahrlich nicht brauchen. Wir dürfen nicht in alte Verhaltensmuster zurückfallen. Eine Strategie wäre hier der Bezugspunkt, auf den sich alle Beteiligten verlassen könnten. Digitale Prozesstransformation mit Augenmaß und Verlässlichkeit muss die Forderung der Stunde lauten. Und wenn noch junge Menschen in den Arbeitsmarkt drängen, die Interdisziplinarität leben, dann ist mir damit nicht bange. Zufällig denke ich an Absolventen unseres Masterstudiengangs „Digital Health Management“.

Hören Sie den Podcast DIALOG GESUNDHEIT Digitalisierung (Teil 2 der Serie)

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