Heike Penon ist seit 2019 kaufmännische Geschäftsführerin beim Klinikverbund Bremen, Gesundheit Nord. Zuvor war die 55-Jährige für den Bereich Finanzen beim Bremer Stahlunternehmen Arcelor Mittal verantwortlich. Gesundheit Nord beschäftigt an vier Standorten über 8.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Rehazentren und ein MVZ ergänzen das Angebot von fast 2.800 Planbetten. LOHMANNblog sprach mit der erfahrenen Managerin über ihre Eindrücke in der Gesundheitsbranche und über aktuelle Herausforderungen.

„In der Gesundheitswirtschaft und im Klinikbereich da, wo „Freie Wirtschaft“ und die Stahlindustrie vor 30 Jahren waren“

Heike Penon

Frau Penon, Sie sind als eine von ganz wenigen „Quereinsteigern“ im Klinikbereich tätig – kommen ursprünglich aus der Stahlindustrie. Was fällt Ihnen im Gesundheitsbereich auf, was ist anders?

In erster Linie das im Branchenvergleich starke Hierarchiebewusstsein! Wir sind in der Gesundheitswirtschaft und insbesondere im Klinikbereich an vielen Stellen noch da, wo die so genannte „Freie Wirtschaft“ und die Stahlindustrie vor 30 Jahren waren. Es wird immer noch sehr stark in Hierarchien gedacht – mit tradierten Verhaltensmustern insbesondere mit Blick auf das Standesbewusstsein im Chefarztbereich.

Heike Penon, kaufmännische Geschäftsführerin Klinikverbund Bremen, Gesundheit Nord

Können Sie das etwas konkreter machen?

Gern. In vielen Bereichen der klassischen Wirtschaft gibt es in der Regel zwei Ebenen – eine Alpha- und eine Beta-Ebene. Die Alpha-Ebene beschreibt die Zuordnung zu einer Abteilung, die Beta-Ebene die übergeordnete Funktion etwa in der Prozessoptimierung. In Kliniken finden Sie zum Teil bis zu fünf Ebenen allein im ärztlichen Bereich, die natürlich alle einzuhalten sind. Das führt dann jedoch zu starken Effizienzverlusten. Durch die Pandemie gibt es aber deutliche positive Signale. Ich sehe zum Beispiel, dass vielerorts inzwischen viel stärker standortübergreifend gehandelt wird und sich die einzelnen Ebenen vielmehr im Austausch befinden als noch vor einigen Monaten. Es wird mehr in Teams gedacht.

Was sollte für die Akteure nun auf der Agenda stehen?

Wichtig ist aus meiner Sicht Transparenz herzustellen über das, was die eigentlichen Prozesse anlangt. Ich meine damit, dass wir alle voneinander lernen können und sollen. Ein Benchmark müsste vielmehr positiv gesehen werden und nicht als – und das herrscht leider noch allzu oft vor – negatives Instrument. Ziel ist doch, aus Dingen zu lernen, durch positives Benchmark Nutzen zu ziehen und Dinge, die gut laufen auch in eigene Prozesse zu überführen. Das hilft uns allen dann schlussendlich Kosten und Erlöse zu optimieren.

Wie könnte das erreicht werden? Was ist zu tun?

Voraussetzung ist, dass ich mich als Führungskraft als Teil des Teams verstehe. Dinge sollten nicht nur „angewiesen werden“. Vielmehr muss eine Begegnung „auf Augenhöhe“ erfolgen – also im respektvollen Umgang, die andere Meinung wertschätzend und in Offenheit wachsend. Sie müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch wortwörtlich „mitnehmen“ – eine Entscheidung ohne Erklärung und ohne Wertschätzung ist da nur kontraproduktiv.

Wenn Sie auf die nahe Zukunft blicken, wie beurteilen Sie die Lage der Gesundheitseinrichtungen?

Im Augenblick ist die Pandemische Lage unsere größte Herausforderung. Nicht nur in Bremen sehen wir, dass Kosten und Leistungen deutlich auseinandergehen – die Balance ist noch mehr in Schieflage als zuvor. Zudem wird uns neben der Digitalisierung künftig die Frage beschäftigen, was ist noch stationär und was ambulant durchführbar.